Ankommen am Meer ist Ankommen bei sich selbst
- Silke Winzek
- 18. Okt. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Das Ankommen am Meer hier in Dierhagen auf dem Fischland-Darß ist weit mehr als nur ein Ortswechsel. Es ist ein Eintauchen in eine andere Welt, ein Flüchten aus dem Alltag, ein Zurückfinden zu sich selbst. Die zweihundert Schritte von meinem Haus durch den Dünenwald sind wie der Übergang in eine Parallelwelt. Die Bäume weichen dem endlosen Horizont, und der Sandweg führt behutsam aufwärts durch die Dünen, die sanft in das Panorama des Himmels übergehen. Das Meer, in all seiner majestätischen Weite, enthüllt sich auf der Kuppe der Düne in einem atemberaubenden 180-Grad-Panorama. Es ist ein Anblick, der sich ständig verändert, aber immer von einer zeitlosen Schönheit ist.
Im September, wenn der Sommer langsam seinen Abschied nimmt, verschwinden die Strandkörbe, die Strandbuden schließen ihre Türen, und die Beschilderungen für den Bewachten Badestrand und den Hundestrand verschwinden ebenfalls. Beste Zeit für allein reisende Frauen, die zu sich selbst finden wollen.
Die Natur übernimmt wieder das Ruder. Die Möwen, einst zahm und verspielt, kehren zu ihrer wilden Natur zurück und auch die galoppierenden oder gemächlich trabenden Pferde sind zurück an den Strand gekehrt. Es wird ruhiger, frei von Kommerz und künstlicher Unterhaltung. Die Musik verstummt, und der allgegenwärtige "Guten Morgen, Guten Morgen, Guten Morgen Sonnenschein" Song von Nana Muskori, der den neuen Sommertag jeden Morgen um Punkt zehn Uhr vom Lautsprecher des DLRG-Turms begrüßt, wird nicht mehr gespielt.
Was bleibt, ist die reine Natur. Tiere, nur wenige Menschen, und die Elemente. Der Wind, mal sanft, mal stürmisch, verändert die Szenerie. Wellen rollen heran, Ebbe und Flut hinterlassen ihre Spuren, und das Strandgut variiert mit den Gezeiten, den Winden, der Windrichtung und den unterschiedlichen Meeresströmungen. Doch jetzt, am verlassenen Strand, bist Du fast allein. Der Blick von der Düne erstreckt sich über die gesamte Küste, von der Seebrücke in Graal-Müritz bis zur Seebrücke von Wustrow. Hier, auf diesen siebzehn Kilometern Küstenlinie, triffst Du nur selten auf andere Menschen. Kommt es zu einer Begegnung werden nicht selten offene interessierte Blicke getauscht, oft entsteht eine besondere Verbindung, die in tiefgründigen Gesprächen münden kann. Ansonsten Zeit für innere Einkehr und Stille. Hier findest du die Essenz des Lebens, fernab von Hektik und Alltagsstress.
Kehrst du zurück ins Haus kannst Du es dir bei einem Tee oder Kaffee gemütlich machen. Und es findet sich sicher auch ein offenes Ohr, wenn Du eine Selbsterkenntnis teilen möchtest.
Ein Ort der Besinnung, der Einkehr, der inneren Ruhe aber auch ein Ort für echte Begegnungen.

Kommentare